Robin Gemperles Transcontinental Race

Robin Gemperle ist kein Neuling in Sachen Radrennsport. Schon in jungen Jahren begeisterte er sich für Cross Country Mountainbiking und arbeitete sich bis auf Weltcup-Niveau hoch. Er fuhr sowohl für die Schweizer Nationalmannschaft als auch für das hoch angesehene Scott-Sram-Team, bevor er sich im Alter von gerade mal 20 Jahren aus dem professionellen Rennsport zurückzog. Der 26-jährige Gemperle, der in Zürich Architektur studiert, mag mit dem professionellen Radsport abgeschlossen haben, was aber noch lange nicht heißt, dass er nicht bereit ist das nächste Abenteuer in Angriff zu nehmen, sollte es dazu kommen.

"Mein Freund Julian hat mich dazu gedrängt, mich für ein Self-Supported Ultraradrennen anzumelden, aber wir haben uns nie wirklich darüber unterhalten, welches Rennen es sein sollte. Das Transcontinental ist irgendwie das erste Rennen, von dem man unweigerlich etwas mitbekommt, selbst wenn man nicht mit der Szene vertraut ist. Es ist inzwischen der Inbegriff eines Abenteuer-Rennens."

Vor dem TCR bestanden die meisten seiner Langstreckenfahrten aus Bikepacking-Touren auf seinem Fixed-Gear-Rad, mit denen er sich auf seinen ersten Ultra-Event vorbereitete.

"Sie waren ziemlich extrem, so hatte ich das Gefühl, eine gewisse Vorstellung von dem zu haben, was mich erwarten würde."

Darüber hinaus half ihm ein Trainingsplan bei der Vorbereitung:

"Ein guter Freund von mir ist hauptberuflich Radsporttrainer, (Instagram: @coachmeswiss) und er hat mir angeboten, mich zu unterstützen, was zu einem sehr effizienten Training führte."

Die Wahl der richtigen Ausrüstung: ein Essential Jersey und eine Odyssey Bib:

"Ich wollte mit einem leichten Merinotrikot fahren, das eng anliegt. Ich habe eine kleinere Größe gewählt, weil ich wusste, dass ich meine Taschen ziemlich voll packen würde."

Die Entscheidung, was mitgenommen werden soll:

"Ich hatte eine absolut minimalistische Packliste."

Die richtige Route planen - eine Aufgabe, die im Vorfeld des Rennens fast übersehen wurde:

"Mein Fokus lag auf dem Training und alle meine benötigten Sachen beisammen zu haben, so dass ich am Ende fast vergessen hätte, meine Route zu planen. Daher beschloss ich, drei Wochen vor dem Rennen, zwei volle Tage freizumachen und in dieser Zeit meine Route zu planen."

"Es ist ganz normal für mich, dass ich am Renntag überhaupt nicht motiviert bin. Ich habe immer das Gefühl, dass es besser wäre, zu Hause zu chillen und Kaffee zu trinken. Aber mittlerweile weiß ich auch, dass dieses Gefühl verschwindet, sobald ich in den Startbereich komme."

Die Nerven im Griff und den Grand Départ des TCR hinter sich, startete Robin wie eine Rakete, schloss zu den Spitzenreitern des Rennens auf und erreichte CP1 an zweiter Stelle liegend, bevor er nach Süden abbog. Doch Gemperles rasanter Start hatte seinen Preis.

"In den ersten vier Tagen habe ich mir eine Wunde am Hintern zugezogen. Ich hatte die Anzeichen einfach nicht bemerkt und konnte plötzlich nicht mehr auf dem Sattel sitzen. Ich habe noch nie solche Schmerzen gehabt, die mich sogar halluzinieren ließen. Sicher ist, jede/r Teilnehmer/in des TCR wird irgendwann einmal mit einer wunden Stelle konfrontiert, aber ich war einfach schlecht darauf vorbereitet."

Da der Schmerz nun ein ständiger Begleiter war, verlangsamte sich Robins Tempo, aber nur ein bisschen - seine Entschlossenheit war trotz dieser unerwarteten neuen Herausforderung unerschütterlich. Langen Tagen auf dem Rad folgten kurze Nächte, in denen er am Wegesrand schlief, um weiterzukommen. In Kroatien angekommen, lag Robin jedoch bereits am Ende der Top Ten und legte sogar eine längere "Pause" ein (er verbrachte eine Nacht in einem Hotel), bevor er zum CP3 weiterfuhr. Doch eine der größten Herausforderungen lag noch vor Gemperle: der 44 km lange Schotterparcours der Transalpina.

"CP4 hat mich die Chance gekostet, um einen Podiumsplatz zu kämpfen. Ich hatte drei Platten, meine Flicken funktionierten nicht, und es gab keine Möglichkeit, einen neuen Schlauch zu bekommen. Ich fand dann einen Baumarkt, der Flicken für Autoschläuche verkaufte. Ich wollte immer noch die Nacht durchhalten, um die Fähre zu erreichen, aber als kurz darauf mein Wahoo nicht mehr funktionierte, stieß ich mental an meine Grenzen, und ich musste eine Pause einlegen, um mich irgendwie wieder zu sammeln. Ich gönnte mir eine vierstündige Pause in einem Hotelzimmer und fuhr dann die restlichen 280 Kilometer mit Vollgas zur Fähre."

Die Überfahrt mit der Fähre über die Donau bedeutete für Robin, dass sein Platz im Rennen so gut wie besiegelt war, sobald er das Schiff betreten hatte. Mit einer offiziellen Zeit von 10 Tagen, 7 Stunden und 15 Minuten kämpfte sich Robin die verbleibenden 300 Kilometer nach Burgas und landete damit auf einem beeindruckenden siebten Platz. Trotz aller Schwierigkeiten gab es für Gemperle nie einen Zweifel daran, ob er das Ziel erreichen würde - sondern nur wann.

"Ich hatte mir geschworen, dass ich es nach Burgas schaffen würde, auch wenn es lange dauern würde. Deshalb war da nie der eine große Moment; es war eher so, dass ich langsam begriff, dass ich das Ziel als einer der Top-Fahrer erreichen würde, was mir natürlich gefiel."

Jetzt, wo er wieder zu Hause ist, hat Robin bereits das Rennen im nächsten Jahr im Visier, aber auch noch ein paar andere Ziele vor Augen.

"Im September werde ich mein Studium fortsetzen. Vorher werde ich noch ein paar Mountainbike-Touren durch die Schweiz machen. Und 2023 will ich es noch einmal beim TCR versuchen - und vielleicht diesmal etwas weiter vorne landen."

Ich wünsche euch eine gute Zeit, Robin.